Inszenierte Fotografie

Empfundene, erdachte, thematisierte Bildaussagen.

Schon lange vor der Erfindung des Computers, ja sogar schon kurz nach der Erfindung der Fotografie, Ende der Dreißiger des 19. Jahrhunderts, gab man sich mit der reinen Abbildung eines Motivs schon nicht mehr zufrieden. Besonders aber ab den Zwanzigern des vorigen Jahrhunderts, als die Fotografie zunehmend in die Kunstszene Einzug hielt und verstärkt ab den Siebzigern, setzte sich die sogenannte „Inszenierte Fotografie“, als eine der vielen Kunstrichtungen dieses Genres, durch.

Eine der Möglichkeiten, inszenierte Fotografien zu gestalten bestand darin, ein Bild aus mehreren Bildteilen, von verschiedenen Negativen, zu einer neuen Bildaussage zusammen zu fügen. Diese Technik ist etwas mühevoll und verlangt ein klein wenig Geschick im Umgang mit einem Graphikermesser und Sprühkleber.

Hier in Kurzfassung ein paar Worte zur Technik:

Nachdem alle Motive, die zu einem Bild zusammengefügt werden sollen, fotografiert sind (vorher einen Bildplan erstellen), müssen sie in der richtigen perspektivischen Größe auf Fotopapier (Oberfläche glänzend) belichtet und entwickelt werden. Nach dem Trocknen werden die Bildteile, mit einem Graphikermesser, besser mit einem Skalpell, an den Kanten fein säuberlich ausgeschnitten. Dabei wird das Messer immer ca. 45° schräg nach innen gehalten. Dieser Schrägschnitt ist die wichtigste Handhabung dieser Arbeit.

Liegen alle Motivteile auf dem Tisch, werden sie akkurat auf das zuvor entwickelte Hauptbild geklebt. Dazu verwendet man einen Fotosprühkleber für lösbare Klebeverbindungen. So hat man die Möglichkeit zur Korrektur. Ein persönlicher Tipp von mir: Kleberrückstände lassen sich völlig rückstandslos mit handelsüblichen Brennspiritus von Fotografien entfernen.

Stellt uns die Montagearbeit zufrieden, geht es an die Reproduktion dieses Werkes. Als Arbeitsgeräte benötigt man, außer dem Fotoapparat, zwei Halogen Fotolampen, zwei Polfilterfolien (ca. 30x30 cm), die vor die Lampen gehängt werden und einen Polfilter für das Objektiv.

Zunächst wird das Bild auf eine Vorrichtung nach Wahl (ich verwende ein Klemmstativ) genau senkrecht, vor dunklem (Stoff-) Hintergrund, ausgerichtet. Im zweiten Schritt werden beide Lampen, in genau dem gleichen Abstand und im Winkel von je 45° vor dem Bild angeordnet. Dabei ist zu beachten, dass die Lampenachse genau auf den Mittelpunkt des Bildes gerichtet ist. Somit werden Schattenwürfe der Schnittkanten verhindert. Als Nächstes wird eine Münze vor das Bild gehängt. Vor die erste Lampe (z. B. links) wird die erste Polfilterfolie gehängt. (Abstand ca 20 – 25 cm, wegen Wärmeabstrahlung) Lampe anschalten und das Objektivpolfilter solange drehen, bis alle Glanzpunkte der Münze verschwunden sind. Diesen Vorgang durch den TTL Sucher beobachten. Beide Filter nicht mehr verändern.

Nun die zweite Polfilterfolie vor die zweite Lampe hängen und diese einschalten (Lampe eins ist ausgeschaltet). Folie solange drehen bis auch hier die Reflexe auf der Münze völlig verschwunden sind. Zur Kontrolle beide Lampen einschalten. Die Münze (ebenso das gesamte Bild) ist nun vollkommen reflexfrei und wird wieder entfernt

Die Belichtungsmessung kann mit der Graukarte vorgenommen werden. Ich arbeite nach dem Zonensystem und messe die entsprechenden Bildstellen aus.

Das daraus resultierende Negativ ist dann Grundlage für die zukünftigen Bilder.



Schlussbemerkung

Sicher ist das Arbeiten in dieser Technik, durch die Präsenz des Computers und der digitalen Bildbearbeitung, heute nicht mehr „zeitgemäß“. Doch gerade deswegen kann die Schaffung gestalteter, inszenierter Bilder vermittels dieser Arbeitsweise eine besondere Herauforderung sein, gerade für den Fotografen, der sich der digitalen Bildbearbeitung noch nicht zugewandt hat. Ein Erlebnis ist es allemal.

Dieter WALTER


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